Familienbeziehungen

Die Beziehungen in der Familie und als Familie zu pflegen, ist im Alltag mit seinen Anforderungen gar nicht so einfach. Kindergarten oder / und Schule, die Berufstätigkeit von Eltern, Haushalt und Freizeitaktivitäten, manchmal noch die Versorgung pflegebedürftiger Eltern wollen unter einen Hut gebracht werden. Die gemeinsamen Mahlzeiten sind häufig die einzige Gelegenheit, wo alle sich treffen. Je älter die Kinder werden, desto weniger ist auch das selbstverständlich. Familien brauchen deshalb neben dem Essen andere Rituale, mit denen sie etwas für die Stärkung ihres Zusammenlebens tun.

Familien in ihren unterschiedlichsten Formen

Eine Familie besteht aus mindestens einer erwachsenen Person mit einem leiblichen Kind oder einem Kind, für das sie die elterliche Verantwortung übernommen hat wie z.B. in einer Pflegefamilie.

Familie kann also sein:

  • die Familie mit einem (verheirateten) Paar plus einem Kind bzw. mehreren leiblichen Kindern.
  • die Einelternfamilie (alleinerziehend).
  • die Patchworkfamilie in den Formen:
    • ein (wiederverheiratetes) Paar, das mit dem Kind / den Kindern zusammenlebt, die jeder in die Beziehung mitgebracht hat, wobei mindestens ein Elternteil außerhalb der neuen Familie lebt.
    • ein (wiederverheiratetes) Paar, das neben dem jeweils eigenen leiblichen Kind bzw. den Kindern jedes Elternteils noch ein gemeinsames Kind oder mehrere leibliche Kinder hat.

HINWEIS ZUR NUTZUNG

Bitte beachten Sie, dass wir ihre konkrete Situation nicht kennen und wir auch nicht einschätzen können, ob die jeweiligen Hinweise tatsächlich auf ihre Situation passen und wirksam sind. Daher schauen Sie bitte genau hin, wie und ob die Hinweise für Ihre Situation stimmig sind.

Rituale

Rituale heben sich aus dem Familienalltag hervor, weil sie anders sind. Es gibt einen Anfang und eine Ende und einen bestimmten Ablauf. Allen gut bekannt ist das Vorlesen einer Gute-Nacht-Geschichte bei kleinen Kindern. Wichtig ist, dass ein Ritual für alle, die daran beteiligt sind, eine besondere Bedeutung hat und positiv erlebt wird. Dabei müssen nicht immer alle Familienmitglieder teilnehmen. Es kann auch guttun, wenn ein Elternteil, der nicht so viel Zeit mit einem Kind bzw. den Kindern verbringt, regelmäßig Zeit reserviert, um z.B. mit Sohn / Tochter zum Fußballtraining zu gehen.

Miteinander reden – einfach so

Das Miteinander-Reden ist für alle Beziehungen wichtig. Oft kommt es aber im Alltag zu kurz, weil die To do-Listen so groß sind. Bevor Familienmitglieder sich Zeit für ein Gespräch nehmen, müssen erst viele andere Dinge erledigt werden. Deshalb droht ein Termin zum „Einfach-mal-miteinander-Reden“ schnell unter die Räder zu kommen, wenn er nicht fest verabredet wird. Hilfreich ist - je nach Alter der Kinder - einen Termin in der Woche bzw. bei älteren Kindern vielleicht einen Termin pro Monat festzulegen, an dem alle können und zu dem sich die Familienmitglieder an einem bestimmten Ort zusammensetzen. Günstig ist, wenn auch der Ort gleichbleibt. Das sorgt für Klarheit und Verlässlichkeit.

Wenn Tag und Uhrzeit immer gleich sind, fällt es allen leichter, die anderen Termine nach diesem Termin auszurichten.

Das Thema heißt ganz einfach: Wir wollen miteinander reden. Warum? Weil wir voneinander erfahren wollen, wie es jeder und jedem in der Familie gerade geht. Jedes Familienmitglied hat die Gelegenheit, den anderen zu erzählen, was ihr / ihm wichtig ist.

Folgende Regeln helfen, dass alle zu Wort kommen und gehört werden:

  • Das Familiengespräch sollte in seiner Gesamtdauer begrenzt sein, bei kleineren Kindern können 20 Minuten schon lang sein.
  • Jedes Familienmitglied, egal ob erwachsen oder Kind, erhält eine gleich lange Redezeit, z.B. 5 Minuten.
  • Handys und sonstige Geräuschquellen wie z.B. Radio oder Computer sind ausgeschaltet. Sie lenken sonst ab.
  • Wenn jemand spricht, hören die anderen aufmerksam zu, unterbrechen nicht, stellen keine Fragen, geben keine Bewertungen oder Kommentare ab, auch nicht mit Mimik oder Gestik.  
  • Ist die Redezeit eines Familienmitglieds zu Ende, macht das Familienmitglied weiter, das als nächstes sprechen möchte.
  • Es ist nicht notwendig, dass eine bestimmte Reihenfolge eingehalten wird.
  • Hilfreich ist ein sogenannter „Redestab“ - ein Stück Holz, ein Stein oder ein anderer Gegenstand, der sich gut anfühlt. Die Person, die spricht, nimmt den Redestab und reicht ihn weiter, wenn die eigene Redezeit zu Ende ist. So ist immer klar erkennbar, wer gerade Redezeit hat.
  • Nachdem alle gesprochen haben, wird die Gesprächsrunde beendet.
  • Jedes Familienmitglied kann mit etwas Positivem beginnen, was ihm / ihr an einem anderen Familienmitglied oder der Familie insgesamt aufgefallen ist. Das schafft eine gute Atmosphäre und „öffnet“ die Ohren fürs Zuhören.
  • Falls es ein schwieriges bzw. klärungsbedürftiges Thema gibt, das jemand noch besprechen möchte, kann nach einer angemessenen Pause eine neue Runde mit dem betreffenden Thema nach gleichem Ablauf gestartet werden.  

Thomas Gordon beschreibt in der Familienkonferenz ausführlich, wie Familien nach einem ähnlichen Ablauf gemeinsam Konflikte lösen können.

Für alle, die weiterlesen wollen, schauen Sie gerne in unsere Literaturliste am Ende der Seite.

Komplimente-Box

Komplimente kommen im Alltag oft viel zu kurz. Dabei ist es so leicht, jemandem in der Familie ein Kompliment zu machen. Das kann direkt dann passieren, wenn jemand etwas Positives an einem anderen auffällt. Dann raus mit der Sprache, am besten ohne lange nachzudenken oder es auf später zu verschieben. Es gibt keine ungünstigen Momente für Komplimente, wenn sie von Herzen kommen. Alternative: Wenn jemand an etwas Positives denkt, was ihm oder ihr an einem anderen Familienmitglied gefällt, dann aufschreiben und in eine Komplimentebox legen; entweder alle zusammen in eine Familienbox oder in zwei getrennte Box für Eltern und Kinder. Dann schreiben Mama und Papa auf, was ihnen an Sohn oder/und Tochter gefällt, was sie schätzen und toll finden. Und umgekehrt. Wenn es dann mal dicke Luft in der Familie gibt oder der eigene Tag nicht so gut gelaufen ist, hilft der Griff in die Komplimente-Box, um die Laune aufzuhellen und sich dran zu erinnern, dass doch nicht alles so schlecht ist. 

Gemeinsam Chillen

Jede und jeder in der Familie wünscht sich Aus-Zeiten vom stressigen Alltag. Pausen, in denen nichts erledigt werden muss. Wie wäre es, wenn sich alle Familienmitglieder auf einen Nachmittag im Monat verabreden, an dem alle gemeinsam zuhause chillen.
Einzige Spielregel: Jede und jeder verhält sich so, dass niemand anderes gestört wird.
Mögliche Nebenwirkung: Alle sind zuhause und erleben sich gegenseitig entspannt.  

Gemeinsame Aktivitäten außerhalb

Ein gemeinsamer Ausflug oder Aktivitäten in der Natur können ebenfalls eine positive Wirkung auf den Umgang miteinander in der Familie haben. Wichtig ist, dass alle an der Wahl des Ausflugsziels beteiligt werden. Das fördert die Motivation erheblich, an dem Ausflug aktiv teilnehmen zu wollen. Spannend kann es ein, Ziele anzusteuern, die noch niemand aus der Familie kennt bzw. Aktivitäten auszuprobieren, die die Familie gemeinsam noch nicht unternommen hat.

Wichtige Voraussetzung: Jede und jeder ist offen und so unvoreingenommen wie möglich, etwas mit den anderen Familienmitgliedern auszuprobieren. 

Abwandlung: Im Vorfeld kann jedes Familienmitglied, wenn ihm eine Idee einfällt, diese auf einen Zettel schreiben und in einer gemeinsamen Box deponieren. Es sollten am besten nur Vorschläge sein, die auch den anderen Familienmitgliedern gefallen könnten. Bei der Planung eines Ausflugs kann die Familie sich dann verabreden, dass alle gemeinsam das tun werden, was auf einem Zettel steht, der von einem Familienmitglied aus der Box gezogen wird.
Wieder wichtig: Alle machen mit ohne kritische Bemerkungen oder Ausflüchte zu suchen, sich nicht an einem Ausflug oder einer Freizeitaktivität zu beteiligen.

Gemeinsam Kochen (Backen)

Familien können sich auch alle gemeinsam auf ein Kochevent, z.B. einmal im Monat verabreden. Statt des perfekten Promidinners gibt es dann das perfekte family dinner. Abhängig vom Alter des Kindes/der Kinder wird gemeinsam ein Gericht oder eine Menü ausgewählt. Je nach Kochkunst der einzelnen Familienmitglieder kann es hilfreich sein, auf zu komplizierte Rezepte oder zu ausgefallene Zutaten zu verzichten. Im nächsten Schritt wird geklärt, wer sich um Vor-, Haupt- und Nachspeise kümmert. Spannend kann es sein, gemeinsam etwas Neues auszuprobieren, das noch niemand kennt bzw. das in der Familie noch nicht gekocht wurde. Allein das Besorgen der Zutaten, z.B. in Asialäden, kann dann schon ein kleines Abenteuer sein.
Alternative für das Kochen mit älteren Kindern: Jedes Familienmitglied wählt ein Rezept aus, ohne es den anderen vorher zu verraten. Gekocht wird gemeinsam und das fertige Menü wird somit eine Überraschung.

Das gemeinsame Kochen kann schon beim gemeinsamen Einkauf beginnen, indem jede und jeder sich um die Zutaten kümmert, die für ihr/sein Gericht gebraucht werden.

Wichtiger Hinweis: Beim gemeinsamen Essen wird auf kritische Kommentare verzichtet. Jedes Gericht oder das, was positiv gelungen ist, wird gelobt, auch wenn ein Gericht auf Anhieb nicht so geraten ist, wie das Rezept es vorsieht.  

Gemeinsam Gamen

Ähnlich wie beim gemeinsamen Chillen kann auch ein Spielenachmittag für Entspannung und Heiterkeit sorgen. Entweder verständigen sich alle gemeinsam, was gespielt wird oder abwechselnd kann jedes Familienmitglied sich für einen Nachmittag ein Spiel aussuchen, das alle anderen dann mitspielen.

Einzige Voraussetzung: Die Auswahl eines Spiels durch eine Familienmitglied wird nicht mit „witzigen“, das sind oft ironische Bemerkungen, kommentiert.

Familienbeziehungsquiz

Obwohl sich in einer Familie scheinbar alle gut kennen, ist verblüffend, wieviel noch unbekannt ist, wenn eine Familie anfängt, sich gegenseitig Fragen zu stellen. Es gibt fertige Fragekarten, die jedes Familienmitglied dazu anregen zu erzählen, was die anderen vielleicht noch nicht von ihm wissen. Es kann also spannend werden.

Quizze im Handel:

Fliker, C., Schott, H.:  Talk-Box Vol.1 - Für Familien, Freunde und Gruppen. Wuppertal: Aussaat

Vliet, E. van: Erzähl mal! Das Familienquiz. München: Knaur HC

Literaturhinweise

Gordon hat sich sehr ausführlich mit der Familienkonferenz befasst:

Gordon, T. (2012). Familienkonferenz. Die Lösung von Konflikten zwischen Eltern und Kind. München: Heyne.

Gordon, T. (2012). Familienkonferenz in der Praxis. Wie Konflikte mit Kindern gelöst werden. München: Heyne.

Gordon, T. (2014). Die Neue Familienkonferenz. Kinder erziehen ohne zu strafen. München: Heyne.

Wie eine Familienkonferenz idealerweise abläuft und worauf es ankommt, ist in diesem Elternbrief ansprechend dargestellt:
Zum Elternbrief